BaFin zu Kryptotoken

BaFin zu Kryptotoken

Kryptotoken können je nach Ausgestaltung unterschiedliche Funktionen und Eigenschaften aufweisen. Einige Token sind fester Bestandteil einer bestimmten Blockchain, wie etwa Bitcoin für die Bitcoin-Blockchain und Ether für die Ethereum-Blockchain. Daneben können durch Smart Contracts wie etwa bei Ethereum diverse funktionsbezogene Token geschaffen werden. Diese Token werden dann auf einer bestehenden Blockchain-Infrastruktur (in diesem Fall Ethereum) geschaffen und verwaltet.

Grundsätzlich kann man Kryptotoken verstehen als eine digitale Abbildung eines intrinsischen oder marktseitig zugesprochenen Wertes durch Nutzung der Distributed Ledger Technology (DLT).
Jenseits der rechtlich relevanten gesetzlichen Tatbestandsmerkmale und ihrer Auslegung durch die BaFin bzw. die höchstrichterliche verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung lassen sich Kryptotoken zwecks einfacher Darstellung in folgende Kategorien einteilen:Alle öffnen

Payment Token (Zahlungstoken, auch „Virtuelle Währung“):

Ihnen kommt meist exklusiv oder unter anderem die Funktion eines privaten Zahlungsmittels zu. Sie werden nicht von einer Zentralbank emittiert und können weiter unterteilt werden in Token ohne intrinsischen bzw. Referenzwert (Beispiel: Bitcoin und ähnlich ausgestaltete Token) und Token mit Referenzwert (umgangssprachlich „Stablecoins“). Darüber hinaus besteht meist keine oder nur geringe weitere Funktionalität.

Wertreferenzierende Token (sogenannte “Stablecoins“ – Marketingbezeichnung):

Wertreferenzierende Token sind von nicht-staatlicher Seite geschaffene Kryptowerte, die in ihrer Wertentwicklung an gesetzliche Zahlungsmittel (z. B. US-Dollar oder Euro) oder andere Vermögenswerte (z.B. Gold, Wertpapiere, andere Kryptowerte oder eine beliebige Mischung hiervon) gekoppelt sind. Die stabile Relation des Token zum Referenzwert soll über eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren bewerkstelligt werden. Dies kann z. B. über das Halten einer Reserve auf der Blockchain („on-chain“), außerhalb der Blockchain („off-chain“) oder über algorithmische Verfahren erfolgen. Wertreferenzierende Token sollen dadurch wertstabiler als andere Kryptowerte sein. Anders als bei Security Token (s. u.) sind die zugrundeliegenden Werte oder Rechte daran aber nicht zwingend im Token verkörpert. Bei den so genannten Stablecoins bestehen teils starke Unterschiede bei der rechtlichen, technischen, funktionalen und ökonomischen Ausgestaltung. Allen ist gemein, dass die Kursstabilität dieser privaten Kryptowerte nicht gleichgesetzt werden kann mit der Stabilität der referenzierten Werte, insbesondere nicht staatlichen Währungen.

Ausblick: Europäische Regulierung

Das Europäische Parlament hat am 20. April 2023 die Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation – MiCAR) beschlossen. Die Zustimmung des Europäischen Rates erfolgte am 16. Mai 2023. Die Verordnung wurde am 09. Juni 2023 im Amtsblatt der europäischen Union veröffentlicht und ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. MiCAR definiert Kryptowerte als eine digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können (Art. 3 Absatz 1 Nr. 2 MiCA). Einige Bestimmungen zu „Stablecoins“ gelten ab Juli 2024, der größte Teil der MiCA-Verordnung ab Januar 2025. In Deutschland gibt es aber keine Regelungslücke.

MiCA definiert und enthält Regelungen für die Emission und den Handel folgender Kryptowerte:
• Vermögenswertreferenzierte Token (Asset-Referenced-Token – ART)
• E-Geld Token (Electronic Money Token – EMT)
• Kryptowerte, die weder ART noch EMT sind und auch nicht in den Ausnahmenkatalog der MiCA fallen

Weitere Informationen zu MiCA, inkl. EMT und ART, finden Sie in einer gesonderten Übersicht.

Utility-Token („App-Token“, „Nutzungstoken“, „Verbrauchstoken“):

Utility Token ermöglichen im Kern den Bezug von Waren oder Dienstleistungen. Ihre Nutzung ist dabei konzeptionsmäßig häufig auf das Netzwerk des Emittenten beschränkt. Utility Token können in ihrer Funktionsweise und auch in ihrer aufsichtsrechtlichen Einordnung komplex sein, insbesondere, wenn sie hybrid ausgestaltet sind (zu hybriden Token: siehe gesonderten Abschnitt).

Non-fungible Token (NFT):

NFT sind kryptografische Token, die, wie der Name impliziert, in Bezug auf ihre technischen Eigenschaften untereinander nicht fungibel (nicht austauschbar) und insoweit einzigartig sind. Sie sollen in der Regel als Nachweise über die Echtheit bzw. persönlichen (Besitz-)Ansprüche an digitalen und realen Objekten dienen.

Die Bezeichnung NFT wird marktseitig meist gewählt, wenn für die zugrundeliegenden Smart Contracts ein technischer Branchenstandard verwendet wird, der jedem Token eine einzigartige Kennung zuweist, die eine eindeutige Identifizierbarkeit und individuelle Zuordnung des Token zu einer Adresse ermöglicht. Im Gegensatz hierzu wird bei den sogenannten fungiblen Token zu jeder Adresse kein individueller Token, sondern der Anteil eines Bestands verbucht.

Das Kriterium der Einzigartigkeit trifft dabei alleine eine Aussage über die technischen Eigenschaften wie die individuelle Kennung (auch Token-ID), jedoch nicht zwingend über den Inhalt, auf den sich der Token bezieht. So können in einem Smart Contract eine Vielzahl an NFT gespeichert sein, die zwar alle eine individuelle Kennung aufweisen, denen aber allen die gleichen Rechte oder Inhalte zugewiesen wurden.

Ein über einen NFT-Standard emittierter Token kann somit technisch betrachtet einzigartig sein, hinsichtlich seines Inhaltes aber dennoch austauschbar, also „fungibel“ sein.
Bei der aufsichtsrechtlichen Prüfung ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber der bestehenden Prüfungspraxis hinsichtlich fungiblen kryptografischen Token. Insbesondere können die diesbezüglich von der BaFin veröffentlichten Auslegungsschreiben und Merkblätter (etwa das Merkblatt zu ICOs) auch für die aufsichtsrechtliche Klassifizierung von NFT herangezogen werden.

Weitere Hintergrundinformation zu NFT und deren aufsichtlicher Einordnung finden Sie in einem Fachartikel im BaFin-Journal (03/2023).

Security Token (Wertpapier- und wertpapierähnliche Token):

Unter dem Begriff „Security Token“ oder auch „Investment Token“ oder „Asset Token“ werden solche Token zusammengefasst, deren Eigenschaften denen traditioneller Finanzinstrumente wie Aktien, Schuldtitel oder Anteilen an Investmentvermögen ähnlich sind. Wegen ihrer Vergleichbarkeit mit traditionellen Finanzinstrumenten sind solche Security Token oftmals auch als regulierte Finanzinstrumente einzustufen („substance over form“).

Als Security Token werden solche Token bezeichnet, die zum Beispiel mit den gleichen oder ähnlichen Rechten ausgestattet sind wie „klassische“ Wertpapiere. Unter wertpapierähnlichen Rechten versteht man mitgliedschaftliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche vermögenswerten Inhalts, ähnlich wie bei Aktien und Schuldtiteln. Sie stellen sodann grundsätzlich Wertpapiere im Sinne der Verordnung (EU2017/1129 (ProspektVO), des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) und des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) bzw. Finanzinstrumente im Sinne des des Kreditwesengesetzes (KWG) und des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) dar.

Elektronische Wertpapiere:

Mit Einführung des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (eWpG) wurde die Möglichkeit geschaffen, Wertpapiere im zivilrechtlichen Sinne durch einen elektronischen Registereintrag, d.h. ohne Verbriefung in einer Urkunde zu begeben.

Nach aktuellem Stand können Inhaberschuldverschreibungen (§ 1 eWpG) und Anteilscheine an Investmentvermögen (§ 95 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs – KAGB) auf elektronischem Wege begeben werden. Aktien sind bislang nicht von dieser Möglichkeit umfasst.

Unterfälle der elektronischen Wertpapiere sind auch Kryptowertpapiere und Kryptofondsanteile. Diese Kryptowertpapiere bzw. Kryptofondsanteile stellen in der Regel Finanzinstrumente im Sinne des Banken- und Wertpapieraufsichtsrechts dar.

Die aufsichtsrechtlichen Pflichten in diesem Zusammenhang sind im Wesentlichen mit denen bei traditionellen Wertpapieren vergleichbar. Dies umfasst zum Beispiel grundsätzlich Prospektpflichten bei einem öffentlichen Angebot und das Erfordernis einer Erlaubnis für die Erbringung von Bankgeschäften oder Finanz- bzw. Wertpapierdienstleistungen. Nähere Details hierzu finden Sie unter dem Abschnitt „Prospekt- und Erlaubnispflichten“ unten.

Kryptowertpapiere:

Das elektronische Register (siehe: Elektronische Wertpapiere), in welches diese elektronischen Wertpapiere eingetragen werden, kann auch auf Basis von DLT-Systemen betrieben werden („Kryptowertpapierregister“, § 16 eWpG). Wird ein elektronisches Wertpapier durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister unter dem eWpG geschaffen, handelt es sich um ein Kryptowertpapier (§ 4 Abs. 3 eWpG). Wird es in ein zentrales Register eingetragen, handelt es sich um ein Zentralregisterwertpapier (§ 4 Abs. 2 eWpG). Ein „Security Token“ ist also nur dann ein Kryptowertpapier, wenn dieser in ein Kryptowertpapierregister unter dem eWpG eingetragen ist. Kryptowertpapiere werden regelmäßig als Wertpapiere im aufsichtsrechtlichen Sinne einzustufen sein. Für die daraus resultierenden aufsichtsrechtlichen Pflichten wird auf die obigen Ausführungen zu Security Token verwiesen.

Für die Führung von Kryptowertpapierregistern ist zugleich ein neuer Erlaubnistatbestand im Kreditwesengesetz (KWG) geschaffen worden (§ 1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 8 KWG). Zudem bestehen besondere Erlaubnispflichten für die Sicherung der zugehörigen privaten kryptografischen Schlüssel für andere (Kryptoverwahrgeschäft). Nähere Details zu diesen beiden Finanzdienstleistungen und den zugehörigen Pflichten finden Sie auf den Seiten zur Kryptowertpapierregisterführung und zum Kryptoverwahrgeschäft.

Kryptofondsanteile:

Vergleichbar zur Möglichkeit der Begebung von „Kryptowertpapieren“ im Rahmen des eWpG wurde durch die Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV) die Möglichkeit zur Begebung elektronischer Anteilscheine an Investmentvermögen durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister als sogenannte Kryptofondsanteile geschaffen Auf Kryptofondsanteile sind weitestgehend die Regelungen des eWpG (siehe auch: Kryptowertpapiere) anzuwenden (siehe hierzu: Verordnung über Kryptofondsanteile – KryptoFAV).

Bei Kryptofondsanteilen handelt es sich um Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB), die als Sondervermögen aufgelegt sind. Für die Auflage sowie Verwaltung von Sondervermögen finden insbesondere die Erlaubnis-, Emissions- und Vertriebsanforderungen des KAGB Anwendung. Darüber hinaus sind bei der Erbringung von Bankgeschäften und Finanz-/Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Kryptofondsanteile durch Dritte die Erlaubnis- bzw. Wohlverhaltensanforderungen des Kreditwesengesetzes (KWG), des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) bzw. des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) anwendbar.

Kryptowerte:

Bei dem Begriff „Kryptowerte“ handelt es sich vorrangig um eine gesetzliche Definition und weniger um eine wirtschaftliche oder technische Bezeichnung (anders als z.B. Payment Token). Unter dem Begriff „Kryptowert“ können viele der oben genannten Ausprägungen von Token zusammengefasst werden. Nähere Informationen dazu, was unter einem Kryptowert zu verstehen ist und wie dies von anderen Instrumenten abgegrenzt werden kann, können Sie den nachfolgenden Ausführungen zu Kryptowerten unter dem Abschnitt „Aufsichtliche Einordnung von Kryptotoken“ entnehmen.

Aufsichtsrechtliche Einordung von Kryptotoken

KWG-rechtliche Einordnung

Je nach Ausgestaltung können die Kryptotoken unter eine Kategorie von Finanzinstrumenten des § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG fallen.
Durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 12. Dezember 2019 (Bundesgesetzblatt, BGBl. I Seite 2602) wurden Kryptowerte als Finanzinstrumente i. S. d. § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 10 KWG definiert.

Kryptowerte:

Bei dem Begriff „Kryptowerte“ handelt es sich vorrangig um eine gesetzliche Definition und weniger um eine wirtschaftliche oder technische Bezeichnung (anders als z.B. Payment Token).

Kryptowerte wurden mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in die Liste der Finanzinstrumente des Kreditwesengesetzes (KWG) aufgenommen (§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 10 KWG) und stellen ebenfalls Finanzinstrumente im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 10 des Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (WpIG) dar. Dieser Begriff ist somit – anders als eine Vielzahl anderer Begriffe im DLT-Kontext – in Deutschland legal definiert.

Bei Payment-Token und sogenannten virtuellen Währungen wie Bitcoin, Ether und XRP handelt es sich um Kryptowerte i. S. d. § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG und somit um Finanzinstrumente nach § 1 Abs. 11 Nr. 10 KWG.Alle öffnen

Wie sind Kryptowerte legal definiert?

Nach § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG werden Kryptowerte definiert als:

  • digitale Darstellungen eines Wertes, der
  • von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und
  • nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber
  • von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer
    • Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als
    • Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder
    • Anlagezwecken dient und der
  • auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.

Gibt es Ausnahmen von der Klassifizierung als Kryptowert?

Nicht von der Definition der Kryptowerte erfasst sind in Deutschland anerkannte in- und ausländische gesetzliche Zahlungsmittel. Darüber hinaus ausgenommen sind gem. § 1 Abs. 11 Satz 5 KWG E-Geld, Verbundzahlungssysteme und Zahlungsvorgänge von Anbietern elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste. Ebenso nicht erfasst sind insbesondere reine elektronische Gutscheine für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen des Emittenten oder eines Dritten im Austausch für die Leistung eines entsprechenden Gegenwerts, denen bestimmungsgemäß nur durch Einlösung gegenüber dem Emittenten eine wirtschaftliche Funktion zukommen soll und die daher nicht handelbar sind und aufgrund ihrer Ausgestaltung keine investorenähnliche Erwartungshaltung an die Wertentwicklung des Gutscheins oder an die allgemeine Unternehmensentwicklung des Emittenten oder eines Dritten wert- oder rechnungsmäßig abbilden. Gleiches gilt auch für elektronische Gutscheine in Multipartnerprogrammen, soweit diese nicht gehandelt werden können und sich nicht als allgemeine Tausch- und Zahlungsmittel eignen oder als solche zum Einsatz kommen sollen.

Schließen sich die Klassifizierung als Kryptowert und als andere Form von Finanzinstrumenten gegenseitig aus?

Kryptowerte können aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung im Einzelfall zugleich auch einer anderen Kategorie Finanzinstrumenten im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG bzw. § 2 Abs. 5 WpIG zuzuordnen sein. Die Definition der Kryptowerte umfasst neben Token mit Tausch- und Zahlungsfunktion, die bisher schon als Rechnungseinheiten im Sinne von § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG erfasst sind, auch zur Anlage dienende Token, z. B. sog. Security Token und Investment Token, die ggf. auch als Schuldtitel, Vermögensanlage oder Investmentvermögen nach § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2, 3 und 5 KWG einzustufen sein können.

Auch Kryptowertpapiere sind damit dem Grunde nach Kryptowerte, es finden jedoch die spezielleren und damit vorrangigen aufsichtsrechtlichen Vorschriften für elektronische Wertpapiere Anwendung.

Detaillierte Informationen dazu, was unter einem Kryptowert zu verstehen ist, finden Sie in dem Merkblatt zum Kryptoverwahrgeschäft, Gliederungspunkt I. 1.

Wertpapierrechtliche Einordnung:

Security Token können je nach Ausgestaltung als Wertpapiere im Sinne der Prospektverordnung (EU) 2017/1129 sowie der zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive) 2014/65/EU unter anderem den wertpapierprospektrechtlichen Regelungen unterfallen, wenn sie übertragbar, handelbar und mit wertpapierähnlichen Rechten ausgestattet sind.

Für die aufsichtsrechtliche Einordnung eines Token durch die Wertpapieraufsicht kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem Token um ein Finanzinstrument des Kreditwesengesetzes (KWG) (z. B. Rechnungseinheit im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG) handelt. Finanzinstrumente im Sinne des KWG sind nicht automatisch Wertpapiere im Sinne der Prospektverordnung (ProspektVO) bzw. des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) und werden dort somit anders behandelt als im KWG. Umgekehrt sind auch nicht sämtliche Token als Finanzinstrumente im Sinne des Kreditwesengesetzes anzusehen.

Zu den einzelnen Kriterien hat die BaFin bereits ausführliche vertiefende Hinweise veröffentlicht, so dass hier nur einige Kernaspekte aufgeführt werden.Alle öffnen

Übertragbarkeit:

Die Übertragbarkeit kann als gegeben unterstellt werden, wenn der Token (in seinem rechtlichen und/oder technischen Wesensgehalt unverändert) auf andere Nutzer übertragen werden kann. Dies ist bei der überwiegenden Mehrzahl der im Markt existenten Token-Standards (z.B. ERC-20) der Fall.

Handelbarkeit am Finanzmarkt:

Handelbarkeit bezüglich Token beschreibt ein Mindestmaß an Standardisierung, Zum Besipiel die Eigenschaften der Token, mit gleichen Rechten ausgestattet zu sein. Die Token müssen miteinander im Sinne einer „Gattung“ vergleichbar sein und nach ihrer Gattung gehandelt werden können. Darüber hinaus können Krypto-Handelsplattformen im Internet die Definition eines Finanzmarktes erfüllen.

Einer Verbriefung bedarf es für den von der BaFin verwendeten aufsichtsrechtlichen Wertpapierbegriff demgegenüber nicht. Ausreichend ist vielmehr, dass der Inhaber des Token und die im Token verkörperten Rechte, beispielsweise anhand der Distributed Ledger- oder Blockchain-Technologie oder anhand vergleichbarer Technologien, jeweils dokumentiert werden können.

Wertpapierähnliche Rechte:

Ein Token verkörpert wertpapierähnliche Rechte jedenfalls dann, wenn der Token seinem Inhaber ein aktionärsähnliches Eigenkapitalinteresse bzw. ein mit einem Schuldtitelgläubiger vergleichbares Fremdkapitalinteresse vermittelt. Um den Token mit einem Wertpapier im Sinne der Prospektverodnung (ProspektVO) und des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) vergleichbar zu machen, bedarf es daher der Verkörperung mitgliedschaftlicher oder vermögensmäßiger Rechtspositionen durch den Token. Mitgliedschaftliche Rechte liegen vor, wenn ein Token eine Form der Unternehmensbeteiligung vermittelt, etwa durch Teilnahme-, Mitwirkungs- und Stimmrechte vermögensmäßige Rechte kommen in Betracht, wenn aufgrund des Tokens Ansprüche gegen den Emittenten des Tokens oder gegen eine andere Partei auf eine vermögensmäßige Leistung (z.B. Verzinsung, Gewinnbeteiligung) bestehen. Ein starkes Indiz sind dabei vom Laufzeitende oder einer Kündigung abhängige Verpflichtungen zur Rückzahlung des eingesetzten Vermögens.

Öffentliches Angebot von Kryptotoken:

Stellen die Kryptotoken Wertpapiere im Sinne der Prospektverordnung (ProspektVO) bzw. des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) oder Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) dar, so besteht für das öffentliche Angebot dieser eine nach diesen Gesetzen geregelte Prospektpflicht. Ein öffentliches Angebot von Wertpapieren ist in Art. 2 lit. d) ProspektVO (auch i.V.m. § 2 Nr. 2 WpPG) definiert als „Mitteilung an die Öffentlichkeit in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung jener Wertpapiere zu entscheiden. Diese Definition gilt auch für die Platzierung von Wertpapieren durch Finanzintermediäre.“

Die BaFin ist zuständig, wenn das öffentliche Angebot in Deutschland erfolgt. Ein Inlandsbezug wird bejaht, wenn in Deutschland ansässige Anleger angesprochen werden sollen. Davon wird grundsätzlich ausgegangen, wenn das Angebot vom Inland aus zugänglich ist. Der Bezug eines öffentlichen Angebots zum Inland lässt sich dabei aus Indizien im Einzelfall herleiten, wobei stets eine wertende Gesamtschau des Sachverhaltes notwendig ist. Für ein unbeschränkt zugängliches öffentliches Angebot im Internet bedeutet das, dass grundsätzlich Publikum auf der ganzen Welt angesprochen wird, sodass auch eine Prospektpflicht in Deutschland besteht.

Einzelheiten zu den genannten Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen finden sich auch in den entsprechenden BaFin-Merkblättern.

Prospekt- und Erlaubnispflichten

Ob ein Kryptotoken oder eine Kapitalaufnahme über die Ausgabe von Token, ursprünglich unter dem Begriff Initial Coin Offering (ICO) bekannt geworden, aufsichtsrechtlich relevant ist, beurteilt die BaFin technologieneutral anhand der bestehenden Gesetze und anhand des jeweiligen Einzelfalls. Die aufsichtliche Bewertung ist abhängig von der konkreten Ausgestaltung der Token.

Unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten sind dabei zunächst zwei verschiedene Bereiche zu unterscheiden: Prospektpflichten und Erlaubnispflichten.Alle öffnen

Welche Pflichten gelten für Emittenten von Kryptotoken?

Emittenten haben unter Umständen Prospektpflichten und ggf. auch Erlaubnispflichten zu beachten.

Prospektpflicht bedeutet, dass vor dem öffentlichen Angebot eines Wertpapiers oder der Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt ein entsprechender Prospekt erstellt und veröffentlicht werden muss. Der Wertpapierprospekt muss alle wesentlichen Angaben über den Emittenten und die angebotenen Wertpapiere enthalten. Er soll den Anleger in die Lage versetzen, sich ein zutreffendes Bild über das Angebot zu machen und unter diesen Voraussetzungen seine Investitionsentscheidung zu treffen. Grundlage für die Erstellung, Billigung und Geltung des Prospekts ist die Verordnung (EU) 2017/1129. Der Inhalt und die Aufmachung werden durch die europäischen Delegierten Verordnungen (EU) 2019/979 und (EU) 2019/980 konkretisiert. Auch Vermögensanlagen dürfen nicht ohne einen Prospekt öffentlich angeboten werden. Der Prospekt für Vermögensanlagen ist nach dem Gesetz über Vermögensanlagen VermAnlG zu erstellen. Sein Inhalt und Aufbau ist in der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV) geregelt.

Welche Erlaubnispflichten sind bei Tätigkeiten in Bezug auf Kryptotoken zu beachten?

Bestimmte Tätigkeiten wie Bank-, Finanz- und Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Kryptotoken dürfen nicht ohne vorherige Erlaubnis der BaFin ausgeübt werden.

Im Zusammenhang mit der Frage der Erlaubnispflichten sind wiederum zwei Phasen der geplanten Tätigkeit zu unterscheiden. So kann bereits die Ausgabe von Kryptotoken oder eine vorgeschaltete Werbung hierfür eine erlaubnispflichtige Tätigkeit sein; zum anderen können Tätigkeiten des Anbieters oder Dritter, die der Ausgabe der Token nachgelagert sind, wie etwa der spätere Handel mit Token, Erlaubnispflichten auslösen oder eine Einbezogenheit in erlaubnispflichtige Geschäfte Dritter begründen. Ob solche nachgelagerten Tätigkeiten erlaubnispflichtig sind, hängt wiederum von der aufsichtsrechtlichen Einstufung der Token selbst ab.

Welche Erlaubnispflichten sind bei der Ausgabe von Kryptotoken zu beachten?

Für den Emittenten kann schon die erstmalige Ausgabe von Kryptotoken Erlaubnispflichten auslösen. Wird die Emission im Vorfeld beworben, kann auch das bereits erlaubnispflichtig sein. Die folgenden Ausführungen zu den möglicherweise verwirklichten Tatbeständen sind dabei nicht abschließend, sondern befassen sich nur mit den nach den bisherigen Erfahrungen gängigen Fragestellungen. In der Praxis bedarf es regelmäßig einer umfassenden Prüfung des Einzelfalls, um mögliche Erlaubnispflichten beurteilen zu können.

Einlagengeschäft: Eine Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG) kann zunächst bestehen, wenn der Emittent seine Token auch gegen gesetzliche Zahlungsmittel anbietet und den Käufern ein unbedingtes Rückzahlungsversprechen gibt. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Emittent zusagt, die Token später mindestens zum Ausgabepreis zurückzukaufen. In diesem Fall könnte der Verkauf der Token bereits als Betreiben des Einlagengeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG gewertet werden, wofür eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG erforderlich ist. Weitere Einzelheiten hierzu finden sich im Merkblatt „Einlagengeschäft“, abrufbar auf der BaFin-Webseite.

E-Geld-Geschäft: Je nach Ausgestaltung der Token kann die Eigenemission den Tatbestand des E-Geld Geschäfts gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Token auch gegen gesetzliche Zahlungsmittel, wie z. B. Euro oder US-Dollar, ausgegeben werden, eine Forderung gegen den Emittenten verkörpern und von Dritten zur Bezahlung angenommen werden. Der Emittent solcher Token würde das E-Geld-Geschäft betreiben und für die Ausgabe der Token eine Erlaubnis der BaFin nach § 11 ZAG benötigen (Näheres zum E-Geld-Geschäft findet sich im Merkblatt „Hinweise zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)“, das ebenfalls auf dieser Webseite abrufbar ist). Token, die ausschließlich gegen virtuelle Währungen wie Ether oder Bitcoin ausgegeben werden, stellen dagegen kein E-Geld dar; ihre Emission begründet für sich genommen keine Erlaubnispflicht für das E-Geld-Geschäft.

Investmentgeschäft: Die Emission der Token kann auch Erlaubnispflichten nach dem Kapitalgesetzbuch (KAGB) auslösen. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Emittent der Token eine gemeinsame Anlage der über einen ICO eingesammelten Gelder oder virtuellen Währungen nach einer festgelegten Anlagestrategie verspricht und die Inhaber der Token an Gewinn und Verlust dieser Anlagetätigkeit zum Beispiel durch spätere Ausschüttungen oder einen Rückkauf durch den Emittenten partizipieren. In diesem Fall könnte der Emittent Betreiber einer Kapitalverwaltungsgesellschaft sein. Eine solche Tätigkeit wäre nur nach vorheriger Registrierung oder mit Erlaubnis der Bundesanstalt zulässig (§§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 KAGB). Näheres hierzu findet sich im Auslegungsschreiben zum „Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des Investmentvermögens“, das auf der Webseite abrufbar ist.

Wird für (Finanz-)Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten eine Erlaubnis benötigt?

Erlaubnispflichtige Geschäfte können nicht nur im Rahmen der Ausgabe der Token, sondern auch bei nachgelagerten Tätigkeiten (des Emittenten oder Dritter) vorliegen.

Handelt es sich bei den Token um Kryptowerte im Sinne des § 1 Abs.11 Satz 4 KWG und somit um Finanzinstrumente nach § 1 Abs. 11 Nr. 10 KWG, so ist das Betreiben von Bankgeschäften und das Erbringen von Finanzdienstleistungen bzw. Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte grundsätzlich erlaubnispflichtig.

Die, der eigentlichen Emission nachgelagerten Tätigkeiten mit Token können zahlreiche Erlaubnispflichten auslösen, wenn sie gewerbsmäßig oder in einem Umfang betrieben werden, der objektiv einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Wenn die Token als Finanzinstrumente nach § 1 Abs. 11 KWG zu qualifizieren sind, können Tätigkeiten am Sekundärmarkt je nach Ausgestaltung das Betreiben eines Bankgeschäfts darstellen, zum Beispiel des Finanzkommissionsgeschäfts (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG) oder Emissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG). Auch die Erbringung von Finanzdienstleistungen kommt dann in Betracht, etwa die Anlagevermittlung, die Anlageberatung, der Betrieb eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, das Platzierungsgeschäft, die Abschlussvermittlung, Finanzportfolioverwaltung, der Eigenhandel oder die Anlageverwaltung. Diese Tatbestände sind bei Kryptotoken, die als Finanzinstrumente einzustufen sind, genauso anwendbar wie bei klassischen Finanzinstrumenten.

Wird für Dienstleistungen in Bezug auf Krypto-Token eine separate Erlaubnis neben bestehenden Erlaubnissen in Bezug auf Finanzinstrumente benötigt?

Inhaber einer Erlaubnis für das Betreiben von Bankgeschäften oder für das Erbringen von Finanz- bzw. Wertpapierdienstleistungen, die sich allgemein auf Finanzinstrumente bezieht, bedürfen keiner separaten oder erneuten Erlaubnis, um diese Tätigkeiten auch in Bezug auf Kryptowerte zu erbringen. Wenn Dienstleistungen nicht ausschließlich in Bezug auf Kryptowerte und Rechnungseinheiten erbracht werden, sondern auch in Bezug auf weitere Finanzinstrumente, besteht möglicherweise eine Erlaubnispflicht nach dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG).

Anders verhält es sich jedoch bei dem Kryptoverwahrgeschäft (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG) und – für Kryptowertpapiere – der Kryptowertpapierregisterführung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 8 KWG). Für diese Tätigkeiten ist stets die Erteilung einer separaten Erlaubnis erforderlich. Hierzu hat die BaFin Hinweisschreiben und Erläuterungen veröffentlicht.

Was ist zu beachten, wenn nicht eindeutig ist, ob bestimmte Tätigkeiten erlaubnispflichtig sind?

In Zweifelsfällen sehen die Aufsichtsgesetze eine (gebührenpflichtige) Feststellungsbefugnis der BaFin für die Frage vor, ob ein Unternehmen der Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), dem Kapitalgesetzbuch (KAGB) oder dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) unterliegt. In der Praxis kommt eine solche Regelung im Wege der Einzelfeststellung nur in besonders gelagerten Fällen in Betracht, da die Behörde nach allen vier einschlägigen Gesetzen bei Feststellung eines unerlaubten Geschäftsbetriebs grundsätzlich im Wege einer Einstellungs- und/oder Abwicklungsanordnung einschreiten kann und im Regelfall auch muss (intendiertes Ermessen). Im umgekehrten Fall ergibt ein Negativtestat im Hinblick auf die eventuelle Erlaubnispflicht eines Geschäftsvorhabens nur als Auskunft, grundsätzlich ohne Regelungscharakter Sinn, da die Behörde nicht feststellen kann, dass das Unternehmen nicht dem Erlaubnisvorbehalt unterliegt, solange sie nicht das gesamte Geschäft dieses Unternehmens geprüft hat. In beiden Fällen bietet das Kontaktformular der BaFin eine Möglichkeit zum unkomplizierten digitalen Erstkontakt.

Einzelheiten zu den genannten Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen finden sich auch in den entsprechenden BaFin-Merkblättern.

Häufig gestellte Fragen

Exkurs: Europäische Regulierung

Das Europäische Parlament hat am 20. April 2023 die Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation – MiCAR) beschlossen. Die Zustimmung des Europäischen Rates erfolgte am 16. Mai 2023. Die Verordnung wurde am 9. Juni 2023 im Amtsblatt der europäischen Union veröffentlicht und ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Einige Bestimmungen zu „Stablecoins“ gelten ab Juli 2024, der größte Teil der MiCAR-Verordnung ab Januar 2025. In Deutschland gibt es keine Regelungslücke. Zum Beispiel Kryptoverwahrung ist hier schon eine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach dem Kreditwesengesetz (KWG). Das ändert sich bis zur Anwendbarkeit der MiCAR-Verordnung auch nicht.

Nähere Informationen zu Dienstleistungen und Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowerten gemäß der MiCAR-Verordnung finden Sie auf einer eigenen Übersichtsseite

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Was wird sich nach Inkrafttreten von MiCAR in Bezug auf Security Token verändern?

Die am 29. Juni 2023 in Kraft getretene MiCA-Verordnung definiert „Vermögenswertereferenzierte Token“ („ART“) als Kryptowerte, die keine E-Geld-Token sind und deren Wertstabilität durch Bezugnahme auf einen anderen Wert oder ein anderes Recht oder eine Kombination davon, einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen, gewahrt werden soll (Art. 3 Absatz 1 Nr. 6 MiCAR).

Nähere Informationen zur MiCA-Verordnung finden Sie auf einer eigenen Übersichtsseite.

Wie werden Hybride Token klassifiziert?

Häufig existieren Mischformen dieser Token-Arten („hybride Token“), insbesondere streben viele Anbieter für die Zukunft einen Gebrauch ihrer Utility Token (Nutzungstoken) als Zahlungsmittel an.

In diesen Fällen ist entscheidend, auf welchen Funktionen der Schwerpunkt des jeweiligen Tokens liegt. Die konkreten Umstände des Einzelfalles sind ausschlaggebend. Wenn Utility Token etwa mit der Nutzung als Tausch- oder Zahlungsmittel oder zu Anlagezwecken kombiniert werden, kommt eine Einordnung zum Beispiel als Kryptowert im Sinne des KWG/WpIG oder als Wertpapier im Sinne des KWG, WpIG und WpHG in Betracht.

Die typisierende Bezeichnung ist dabei nicht maßgeblich, auch wenn eine Kategorisierung – beispielsweise nach Payment-Token, Security Token und Utility-Token – einen ersten Anhaltspunkt für die Art des Tokens liefern kann. Sie kann jedoch keine umfassende und verbindliche aufsichtsrechtliche Einordnung ersetzen. Die BaFin prüft mögliche Prospekt- und Erlaubnispflichten daher in jedem Einzelfall unabhängig von einer solchen Bezeichnung.

Was versteht man unter einem „Initial Coin Offering“ (ICO), „Initial Token Offering“ (ITO) bzw. „Security Token Offering“ (STO)?

Im Rahmen eines „Initial Coin Offering“ (ICO) oder „Initial Token Offering“ (ITO) oder „Security Token Offering“ (STO) werden zur Realisierung einer Geschäftsidee durch ein Unternehmen finanzielle Mittel eingeworben. Für diese finanziellen Mittel erhalten Anleger sodann Token.

Welche Funktionen erfüllen White Paper bei ICOs?

Bei ICOs werden oftmals sogenannte White Paper bereitgestellt, welche beispielsweise Informationen zum geplanten Geschäftszweck, zu den handelnden Personen und der technischen Ausgestaltung der Token beinhalten können. Diese White Paper sind jedoch noch* nicht reguliert und in ihrer Form und ihrem Inhalt beliebig gestaltbar. White Paper werden in erster Linie als PR-Maßnahme und Kommunikationsmittel genutzt. Es ist zu beobachten, dass Informationen in White Paper oftmals nicht hinreichend umfassend und präzise sind und dass die Inhalte der White Paper auch während der ICO-Laufzeit geändert werden und die Angaben im White Paper nicht zwingend der tatsächlichen Ausgestaltung des Token entsprechen müssen. Hierdurch bedingt ist kein hinreichender Schutz für Anleger gegeben. Die White Paper sind keine mit Wertpapier- und Vermögensanlagenprospekten bzw. gesetzlich vorgeschriebenen Informationsblättern vergleichbare Informations- und Haftungsdokumente.

*Die Europäischen Gesetzgeber beabsichtigen, eine Verordnung zur Regulierung von Kryptowerten und darauf bezogenen Tätigkeiten zu erlassen, die „Markets in Crypto-Assets Regulation“ (MiCA). Mit dieser Verordnung sollen auch White Paper einem Regulierungsregime unterworfen werden.

Kommen Anlagen in Kryptowerten für das Sicherungsvermögen von Versicherungsunternehmen in Frage?

Hinsichtlich der Anlagen für das Sicherungsvermögen für die Versicherungsunternehmen gelten seit Einführung des grundlegenden Regelwerks Solvency II unterschiedliche Vorschriften. Die Vorgaben von Solvency II betreffen Erst- und Rückversicherungsunternehmen sowie Versicherungsgruppen mit Sitz in der Europäischen Union. Ausgenommen sind allerdings kleine Versicherungsunternehmen, deren jährlich gebuchte Bruttobeitragseinnahmen unter fünf Millionen Euro liegen und deren gesamte versicherungstechnische Rückstellungen ohne Abzug der einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen und von Zweckgesellschaften einen Betrag von 25 Mio. € nicht überschreiten.“ (§211 Abs. 1 VAG i.V.m. Richtlinie 2009/138/EG). Im Rahmen des SII-Reviews werden die Schwellenwerte ggf. angepasst / erhöht.

1. Für Versicherer, die den Regelungen von Solvency II unterliegen, besteht grundsätzlich Anlagefreiheit. Sie müssen jedoch ihre gesamten Vermögenswerte nach dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht anlegen. Dabei haben die Versicherer insbesondere die gesetzlichen Anforderungen des § 124Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und die Vorgaben der Leitlinien 27 bis 35 der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA) zum Governance-System einzuhalten. Ob eine Anlage in Kryptowerte möglich ist, haben die Versicherer in ihren Risikomanagementleitlinien unternehmensindividuell und eigenverantwortlich unter Beachtung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben festzulegen. Der Nachweis, dass die mit den Kryptowerten verbundenen Risiken (unter anderem Preisvolatilität, Zugriffsverlust, Liquiditätsrisiken) hinreichend identifiziert, bewertet, überwacht, gesteuert und kontrolliert werden können, dürfte die Versicherer jedoch vor erhebliche Herausforderungen stellen.

Aufgrund der Anlagefreiheit dürfen Solvency II-Unternehmen zwar grundsätzlich Anlagen erwerben, die nicht jedes qualitative Merkmal erfüllen (sofern die Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität des Portfolios als Ganzes sichergestellt ist). Dies bedeutet aber nicht, dass diese Anlagen zwangsläufig auch im Sicherungsvermögen geführt werden. Im Hinblick auf das Sicherungsvermögen von Solvency II-Unternehmen wird in § 125 Abs. 1 VAG geregelt, welche Vermögensgegenstände dem Sicherungsvermögen vorrangig zuzuführen sind. Nur wenn die entsprechenden Anlagen nicht ausreichen, um den Mindestbetrag des Sicherungsvermögens zu bedecken, können auch andere Anlagen dem Sicherungsvermögen zugeführt werden. Diese Regelung dient dazu, eine angemessene Qualität der Anlagen im Sicherungsvermögen im weiteren Sinne sicherzustellen. Kryptowerte sind in § 125 Abs. 1 VAG nicht genannt.

Hinsichtlich des Anlagegrundsatz der Rentabilität ist hierzu grundsätzlich auf die langjährige Verwaltungspraxis gemäß Rundschreiben 11/2017 der BaFin zu verweisen.

2. Für alle Versicherungsunternehmen, die nicht unter die Vorgaben von Solvency II fallen (Solvency I VU), gelten als Maßstab bei der Kapitalanlage für das Sicherungsvermögen § 215 Abs. 2 VAG und die Anlageverordnung (AnlV). Kryptowerte sind nicht in § 215 Abs. 2 VAG enthalten und auch nicht im Anlagekatalog der Anlageverordnung aufgeführt. Die Kryptowerte sind nach dem jetzigen geltenden Aussichtsrecht für Solvency I VU nicht als Kapitalanlage für das Sicherungsvermögen zulässig.

Aus Sicht der BaFin sind Anlagen in Kryptowerte mit erheblichen Risiken verbunden und oft spekulativ, so dass der Anlagegrundsatz der Sicherheit gefährdet wird. Immer wieder fällt auf, wie sehr Kryptowerte von extremen Kurssprüngen und Volatilitäten betroffen sind. Vor diesem Hintergrund haben die Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs) am 17. März 2022 vor den Risiken von Kryptowerten für Verbraucherinnen und Verbraucher gewarnt. Auch die BaFin hat mehrere Warnungen im Zusammenhang mit Kryptowerten veröffentlicht, zuletzt am 22. August 2022.

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